Wer regelmäßig meditiert und um ein achtsames, bewusstes Leben bemüht ist, oder auch andere spirituelle Übungen macht, verbessert dadurch seine Lebensqualität deutlich. Sie/er wird ruhiger, klarer, ist mehr bei sich, alles wunderbare Voraussetzungen, um auch die Beziehung(en) zu verbessern. Oft bleiben aber trotz dieser Übungen und der dazu nötigen Disziplin Schwierigkeiten und Probleme gerade in der Partnerbeziehung. Spannungen, Konflikte, Streit bleiben ein Dauerthema und es stellt sich einfach keine gute Entwicklung ein. Warum ist das so? Und wie kann man es ändern? In diesem Blog nenne ich zwei wesentliche Gründe und Ansätze zur Abhilfe.
Der eine Grund ist die Erwartung, die Partnerschaft müsste doch eigentlich genauso schön weiterlaufen, wie sie mal angefangen hat- einfach so, ganz von selbst. Schließlich hat man ja lange genug nach der/dem Richtigen gesucht. Aber wenn die anfängliche Verliebtheit, in der alles nur wunderbar erschien, abgeklungen ist, so nach 3 bis 6 Monaten vielleicht, muss etwas kommen, was die Beziehung weiterträgt. Sonst beginnt sie zu zerfallen und ist irgendwann zu Ende. Wer sich entspannt im Sessel zurücklehnen will und alles so laufen lässt, schaltet auf Auto-Pilot. Das bedeutet, die Muster, in Beziehung zu sein, die man im Leben erlernt hat, einfach so machen zu lassen. Wenn beide Partner das tun, bedeutet das Auto-Pilot X Auto-Pilot und das kann nicht funktionieren. Dazu sind Menschen zu unterschiedlich. Unweigerlich kommt es zu Differenzen und Spannungen, die sich auch durch ein achtsames Leben und Meditation nicht in Luft auflösen.
Also was tun? Nötig ist die Haltung, gemeinsam an der Aufrechterhaltung, Verbesserung und Weiterentwicklung der Beziehung zu „arbeiten“. Über die Beziehung sprechen, gut in Kontakt kommen und bleiben, dabei bei sich bleiben und sich trotzdem (oder auch gerade deswegen) gut in sein Gegenüber einfühlen, sind hierzu einige wichtige Stichpunkte. Die Bereitschaft, sich ein klein bisschen zu ändern, ein anderer. Nicht jeder hat diese Fähigkeiten von Haus aus mitbekommen und dann müssen sie eben nachträglich erlernt und geübt werden. Und zum Glück ist das auch möglich und Erfolg versprechend.
Der andere Grund hat etwas mit unserer Perspektive zu tun, die wir wählen. Achtsamkeit und Meditation weiten den Blick. Beginnend mit dem, was vor meiner Nase ist, vergrößert sich der Kreis über den Tellerrand hinaus, vielleicht sogar auf „die ganze Welt“ / unseren blauen Planeten, um in eine bessere Zukunft zu gehen. Da geht es um Offenheit und nicht bewertende Akzeptanz und nicht um kleinliches Schauen auf Details. Die Grenzen zwischen innen und außen verlieren vorübergehend ihre Bedeutung. Aber es ist eine Ein-Personen-Welt. Und in meiner Innenwelt lösen sich die „Verknotungen“ in mir, die zu hartnäckigen Blockaden mit schädlichen Auswirkungen auf meine Beziehungen führen, auch nicht einfach auf. Ich fürchte, die denken nicht mal daran. Was sich scheinbar bewährt hat und unzählige Male als Muster aktiviert worden ist, will weiterleben. Es ist übrigens eine gute Sache, seinen alten Verhaltensmustern zu danken, denn sie waren zum Zeitpunkt ihrer Entstehung unsere bestmögliche Antwort auf die jeweilige Situation. Jetzt sind sie aber nicht mehr nützlich und können in den Ruhestand verabschiedet werden.
Das geistige Erfassen von Mustern kann erst der Anfang von Veränderung sein, weil das allein nicht zur Auflösung alter Gewohnheiten führt. Hier ist das Ein-Zoomen mit dem Tele-Objektiv auf die zugehörigen inneren Empfindungen nötig, das mikroskopisch genaue Anschauen der so schwer oder gar nicht fassbaren, flüchtigen inneren Phänomene, für die wir oft erstmal keine Worte haben. Da geht es um eine tiefgehende Arbeit an sich selbst und den eigenen Anteilen an den Beziehungsschwierigkeiten. Erst das Auffinden dieser inneren Realitäten erlaubt uns, mit ihnen sozusagen in einen Dialog zu kommen. Wenn das geschieht öffnet sich vielleicht tief innen drin etwas, es kommt Bewegung in erstarrte Muster und eine vielleicht steckengebliebene Entwicklung kommt wieder in Gang. Die hier skizzierte Technik ist eigentlich keine „Technik“, sondern die Wiederbelebung unserer natürlichen Fähigkeit, auf unsere leise, feine Intuition zu hören, „tief in unseren Bauch zu fühlen“- wie immer man das ausdrücken mag. Am besten ausgearbeitet ist dieser direkte Zugang zu unseren Blockaden im „Focusing“ nach Gene Gendlin.
Was wir dort vorfinden, wenn wir uns auf diese innere Reise machen, ist oft alles andere als angenehm. Alter seelischer Schmerz durch Kränkungen, Verluste, tiefe Traurigkeit, Scham- und Schuldgefühle, Wut u.v.a.m. Oft wird hier von Schattenarbeit gesprochen. Wir nehmen gern Licht in uns wahr, aber die dunkle Seite wollen wir gar nicht sehen. Wenn man aber erst einmal erlebt hat, was alles möglich wird, wenn wir durch diese Dunkelheit wach hindurchgehen, beginnt man zu verstehen, dass hier ein äußerst wertvoller Schlüssel bereitliegt, um wirklich mit sich und seinen Beziehungen weiterzukommen.
Zusammenfassend würde ich den jeweils nötigen Perspektivwechsel mit der Formel beschreiben: Weitwinkeloptik (mit dem Blick aufs Ganze, mit bedingungsloser Offenheit), wo immer möglich, mikroskopische Optik im Inneren wo immer nötig.